S3 E15 - Aufregung und Enttäuschung
Shownotes
Wenn ihr mehr zum Thema Organspende und Listungsvoraussetzungen wissen möchten, schaut doch gern bei Organspende-info.de oder Eurotransplant.org vorbei.
In den Folgen Der Tag der alles veränderte - Plötzlich schwer krank und Ein neues Normal - Dankbarkeit hat eine neue Bedeutung habe ich euch mehr zu den Hintergründen der Diagnostik erzählt. Hört gerne rein!
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Transkript anzeigen
00:00:00: Willkommen zu Any Questions, dem Podcast über ganz normalen Familienwahnsinn.
00:00:04: Mama, wo bist du?
00:00:06: Hi ihr Lieben.
00:00:07: Oh, machen wir endlich wieder Podcast.
00:00:08: Mama, darf ich mitmachen?
00:00:10: Leute, ich hab euch ultra lieb, aber das ist mein Mietteil.
00:00:18: Als getrennt erziehende Mama von vier Töchtern erlebe ich so ziemlich jede Lebenslage.
00:00:22: Von Teenie-Drama bis Babyglück.
00:00:24: Und genau darüber reden wir hier.
00:00:26: Los geht's.
00:00:27: Hallöchen ihr Lieben und schön, dass ihr wieder da seid zu einer neuen Folge von Any Questions.
00:00:34: Ich bin heute so aufgeregt und kann schon die ganze Woche kaum richtig schlafen.
00:00:40: Bin schon so unkonzentriert und ein absolutes Nervenbündel.
00:00:45: Denn für uns steht einfach das Thema Lebendnienspende in so greifbarer Nähe im Raum.
00:00:55: dass ich es kaum fassen kann.
00:00:57: Ich freue mich jetzt schon so sehr darauf, dass meine Tochter möglicherweise in gar nicht allzu langer Zeit endlich wieder so viel trinken kann und darf, wie sie Durst hat und in ja noch ein bisschen mehr Zeit, die dann nach so einer OP vergehen müsste, dann auch endlich wieder essen kann, worauf sie Lust hat.
00:01:22: Ihr glaubt gar nicht mit, wie viel Vorfreude mich das alles erfüllt.
00:01:25: Das kann ich kaum in Worte fassen.
00:01:29: Ja, und auf diesem Weg würde ich euch einfach total gerne mitnehmen und damit auch vielleicht ein bisschen verständlich und nachvollziehbar wird, warum wir überhaupt jetzt schon am dritten OP-Termin stehen, denn wir hatten bereits zwei Termine, die... wir leider nicht durchführen konnten, will ich euch gerne hier ein bisschen um die Lücke zu schließen, was dazu erzählen.
00:01:56: Und zwar muss ich dafür zurück zu dem Zeitpunkt, bevor wir überhaupt jemals daran gedacht hätten, dass wir jemals Organspendebedarf haben könnten in irgendeiner Form.
00:02:09: Und zwar ist das... Der Sommer, im Jahr ist es im Jahr Jahrzehnte, also aus heutiger Sicht vor etwas mehr als zwei Jahren.
00:02:19: Und da denke ich konkret an einen Sonntagabend im Juli, als meine Kinder gerade von ihrem Papa zurückgekommen sind, ziemlich stark damit beschäftigt gewesen sind, bei mir wieder anzukommen.
00:02:31: Die hatten ganz viel zu erzählen und die mussten dann natürlich erst mal wieder sich akklimatisieren, wie das halt einfach so ist, wenn man dann die ganze Woche beim Papa verbracht hat.
00:02:42: Und das Spielzeug, das man bei der Mama hat, dann einfach die ganze Woche nicht in der Hand halten konnte.
00:02:47: Jedenfalls lagen da an diesem Sonntagabend meine Mäuse natürlich auch irgendwann im Bett.
00:02:54: Und ich war dann anschließend, als die alle eingeschlafen waren, auch ganz schön platt.
00:03:01: Und ich weiß noch, wie ich damals gedacht hab, Boah, Vanessa.
00:03:05: Was für ein Leben.
00:03:08: Da hast du was angestellt hier.
00:03:09: Vier Kinder und dann auch ganz schön was zu tun mit denen.
00:03:15: Naja, aber so ist das.
00:03:17: Du hast dich dafür entschieden, du hast es dir ausgesucht und schau dir bitte mal an, was du für wundervolle und vor allem gesunde Kinder hast.
00:03:27: Das ist nämlich nicht selbstverständlich.
00:03:31: Und wie nicht selbstverständlich das tatsächlich sein.
00:03:36: sollte, habe ich dann am nächsten Tag hautnah erleben müssen.
00:03:42: Denn ich weiß noch, dass ich da geistig überhaupt nicht hinterhergekommen bin vom Status, ich bring mein Kind jetzt in die Kita und hole es dann ab.
00:03:56: So wie immer zu Kita wird heute nicht, denn Wir müssen ins Krankenhaus und vom Krankenhaus, wir müssen in ein anderes Krankenhaus und dort auf die Intensivstation.
00:04:11: Und dass mein Kind ab diesem Tag für mehrere Wochen um sein Leben kämpfen musste, hätte ich einfach nie zu träumen gewagt.
00:04:24: Und nie geglaubt, wer mit das jemand vorher erzählt hatte.
00:04:29: Leider war es aber so.
00:04:31: Und als wir auf der Intensivstation lange lange Zeit bleiben mussten, sind wir erst mal davon ausgegangen und vor allem auch die Ärzte, dass wir hier ein akutes Nierenversagen behandeln würden.
00:04:48: Akutes Nierenversagen bedeutet, dass die Nieren plötzlich aufhören zu arbeiten und meine Tochter in dem Moment plötzlich aufhörte Urin zu produzieren und von außen unterstützt werden musste.
00:05:04: Und das passiert, in dem man eine Dialyse benutzt.
00:05:09: Da gibt es eben die beiden Formen Hämodiallyser, also Blutwäsche und Bauchfelddialyser.
00:05:19: Beides wurde bei meiner Tochter angewendet und beide Verfahren sind da relativ stark an ihre Grenzen gestoßen.
00:05:31: Ja, ich bin so dankbar und glücklich darüber, dass Alle Leute, alle Ärzte, alle Schwestern und Pfleger, so hart, um das Leben meiner Tochter gekämpft haben, dass wir heute in der glücklichen Lage sind, immer noch an einer Lebensspende und einer Organspende für meine Tochter arbeiten zu dürfen.
00:05:58: Das glaubt ihr gar nicht.
00:06:00: Da denke ich auch noch sehr oft dran zurück und bin egal, was uns da ... auch immer wieder für Stolpersteine auf dem Weg begegnen, immer noch so dankbar und glücklich, denn die Ausgangssituationen, in der wir uns damals befunden haben und die hätte auf uns zukommen können, die ist wesentlich schlimmer als alles, was ich mir ausdenken könnte.
00:06:25: Das ist tatsächlich genau das, was mich seit zwei Jahren durch diese Situation trägt.
00:06:34: Vor allem trägt mich aber auch der Lebensmut und der Wille meiner Tochter und auch den Zusammenhalt, den ich zwischen meinen Kindern spüre.
00:06:45: Um da aber zurück zum Thema zu kommen, eigentlich möchte ich euch ja heute ein bisschen was zu dem Weg erzählen, der uns bis heute bringt.
00:06:58: Da gab es dann also auch die Zeit, an der wir endlich wieder in die Augen meiner Tochter schauen konnten und wir stabil genug waren, um ... in eine Spezialklinik überstellt werden zu können, wo wir dann meine Tochter weiter stabilisieren konnten.
00:07:15: Aber leider auch erfahren mussten, dass wir es hier leider nicht mit einem akuten Nierenversagen, sondern mit einer terminalen Niereninsuffizienz zu tun haben.
00:07:29: Das heißt ein chronisches Nierenversagen, sodass wir damals erfahren haben, langfristig Dialyse durchführen zu müssen.
00:07:39: Und weil Anna keiner Linienfunktion mehr hatte, schon zu diesem Zeitpunkt war auch klar, dass wir uns direkt um eine Listung auf der Organspendeliste kümmern mussten.
00:07:59: Ja, das war ein ziemlicher Schrecken, denn das Thema Organspende kannte schon lange, lange vorher.
00:08:07: Denn ungefähr seit meinem achtzehnten Lebensjahr, seit meiner Volljährigkeit, bin ich selbst gelistete Organspenderin.
00:08:17: Und auch mit den Papas habe ich mich vor einigen Jahren darüber unterhalten, wie wir denn entscheiden würden, wenn unsere Töchter zu Organspenderin werden könnten.
00:08:35: Das mag jetzt für die ein oder den anderen Makaba klingen.
00:08:40: Ich persönlich bin aber eine ganz große Freundin davon, in guten und normalen Zeiten und Situationen über eben auch solche Dinge zu sprechen, weil wir da einfach einen klaren Kopf haben.
00:08:57: Und natürlich hält es uns oder es würde uns nicht davon abhalten, auch die entgegengesetzte Entscheidung zu treffen, wenn man so eine akute Situation erleben kann.
00:09:09: würde.
00:09:10: Natürlich wünschte ich mir das nicht und habe es mir auch nie gewünscht, jemals in diese Situation zu geraten.
00:09:19: Aber trotzdem finde ich das nicht verkehrt, darüber zu sprechen.
00:09:23: Als wir dann erfahren hatten, dass wir nicht nur so eine schwere Diagnose hatten, die wir sacken lassen mussten, sondern auch, dass wir ja selbst Organspende bedarf hatten und auch klar war, dass wir uns aufgrund der vollständig ausgefallenen Nierenfunktion nicht ganz so viel Zeit lassen konnten, haben wir dann sehr schnell angefangen, all die erforderlichen Termine dann anzugehen.
00:09:59: Denn die Voraussetzung um bei Eurotransplant, das ist das Zentrum für Organspenden.
00:10:09: also quasi die Plattform, wo alle die Spenden und alle die Empfang aufeinandertreffen, dann zusammengebracht werden, da müssen erstmal ganz viele Daten erfasst werden.
00:10:23: Und um diese Daten in Erfahrung zu bringen, müssen ganz viele verschiedene Fachärzte aufgesucht werden vom Empfänger.
00:10:31: Denn man kann nicht jedem Patienten x-beliebige Organe einsetzen.
00:10:36: Da sind Daten wichtig, die nicht nur das Alter, eine Blutgruppe und eine Körpergröße betreffen, sondern noch viel weitreichendere Details, die wichtig sind.
00:10:51: Ich packe euch auch gerne einen Link in die Show Notes.
00:10:54: Da könnt ihr euch, wenn ihr da näheres Interesse daran habt, auch gerne einlesen zu dem Thema, was überhaupt alles erforderlich ist, bekannt sein muss, um eben bei der Organspendeliste aufgenommen zu werden.
00:11:13: Ja, jedenfalls mussten wir uns natürlich außerdem noch für ein Transplantationszentrum entscheiden.
00:11:23: Und für uns oder generell ist die Ausschlag geben, dass man da nicht nur richtig ist an der Adresse, weil nicht jedes Transplantationszentrum auch Kinder transplantiert.
00:11:38: muss man vorher auch schauen, ob man da für den Patient die Patientin an der richtigen Adresse ist, sondern die Anfahrtszeit ist auch sehr ausschlaggebend.
00:11:49: Die Organe, die haben keine lange Karenzzeit, die dürfen nicht ganz so lange, ohne im Körper zu sein, verweilen.
00:11:59: Und bis man dann nach so einem Anruf tatsächlich bereit ist, operiert zu werden.
00:12:08: wird natürlich auch noch einiges an Vorbereitung getroffen und die kostet natürlich auch Zeit.
00:12:14: Das heißt, man sollte schon Sorge tragen, dass man Roundabout in ungefähr zwei Stunden von sich zu Hause im Transplantationszentrum ist.
00:12:26: Und das ist auch so eine Größenordnung.
00:12:29: Da habe ich gehört, dass es keine einheitliche Meinung zu gibt.
00:12:34: Wir halten uns auf jeden Fall an diese Zeitvorgabe Und mich persönlich hat das auch eine ganze Zeit geistig so beklemmt, dass ich mich, selbst wenn meine Kinder nicht bei mir sind, überhaupt nicht getraut habe, aus diesem Zeitradius, also Kilometerradius auch, rauszubewegen.
00:12:56: Da habe ich jetzt erst angefangen, mich so ein bisschen zu versuchen, freier zu fühlen, weil wir in den letzten Wochen auch schon wussten, okay, das Thema Lebendnienspende, kommt potenziell immer näher auf uns zu.
00:13:11: Da habe ich mich geistig auch wieder versucht, ein bisschen lockerer zu machen, was natürlich nicht bedeutet, dass dieser Anruf nicht trotzdem jederzeit jetzt kommen könnte.
00:13:23: Aber ich weiß ja natürlich auch, dass der Papa auch da ist.
00:13:25: Und ich weiß auch, dass er das alles richtig macht.
00:13:28: Aber kennt ihr das?
00:13:29: Ihr selbst würdet doch auch gerne, wenn das Kind beim anderen Elternteil ist und sowas auf euch zukommen könnte, gerne bei eurem Kind sein.
00:13:37: Und dann gibt es natürlich auch ganz viele andere sachliche, rationale Punkte, die unterstreichen würden.
00:13:45: Hey, mach dich mal ein bisschen locker, atme mal durch.
00:13:50: Es ist auch in Ordnung, wenn du nicht in zwei, sondern in drei Stunden da bist, weil eben diese Vorbereitungen noch getroffen werden müssen.
00:13:57: Wichtig ist ja, dass meine Tochter innerhalb dieses Zeithorizontes safe in Sound in der Klinik ankommt.
00:14:07: Ja.
00:14:08: Genau.
00:14:09: Also, um wieder zurück zu unserer Geschichte zu kommen, ich schweife dahin und wieder ab Verzeihung.
00:14:16: Wir haben dann endlich alle Untersuchungen abschließen können.
00:14:21: Wir haben uns ziemlich beeilt und wurden dann auf der Organspendeliste aufgenommen.
00:14:29: Und das war dann auch für mich der Startschuss zu sagen, okay, und jetzt kann ich alle Untersuchungen durchführen.
00:14:37: die eine Lebendnienspende abklären werden.
00:14:41: Denn um eine Lebendnienspende abklären zu können, ist tatsächlich Voraussetzung, dass man auf der Organspendeliste für die postmortale Spende gelistet ist.
00:14:52: Und das war auch eine ziemlich aufregende und auch anstrengende Zeit, denn wir haben in diesen Zeithorizonten sehr, sehr viel Zeit.
00:15:05: im Auto und im Wartezimmer verbringen müssen, denn für meine Tochter und für mich waren so viele Termine abzuarbeiten, dass wir einfach wenig Zeit dazwischen hatten, andere Dinge zu sehen und zu erleben, neben der Dialyse natürlich.
00:15:25: Wir hatten dann also ungefähr im Mai die Gewissheit, nachdem alle Untersuchungen auch für mich abgeschlossen waren, dass nicht nur für mich alles in Ordnung sein wird, nachdem ich dann eine Niere abgegeben habe.
00:15:42: Denn das ist ja auch nicht selbstverständlich, dass es dann für einen Menschen, der eigentlich zwei Nieren braucht, um gesund leben zu können.
00:15:52: Denn sonst hätten wir ja nur einen Organ abgeben kann.
00:15:57: Das wird dann bei so einer Eignung, bei diesen ganzen Untersuchungen zum einen abgeklärt.
00:16:04: Wie gut kann ein Mensch, der dann diese Niere abgibt und da wird dann auch konkret ausgemacht, welche Niere wäre denn auch am besten geeignet?
00:16:15: Natürlich nicht nur in Bezug auf welche Niere wäre denn jetzt am besten, damit die Vanessa nach so einer Entnahme perfekt weiterleben kann und wie viel Funktion bleibt denn dann erhalten?
00:16:28: Was würde denn dann aufgefangen werden von dieser einen Niere?
00:16:33: sondern es wird natürlich auch geguckt, wie die Größe zum Beispiel und die Funktion und auch die Blutgefäße sind, die da beim Nierenempfänger eingesetzt werden würde.
00:16:45: Wie passt denn das alles miteinander zusammen?
00:16:48: Die Blutgefäße des Patienten, des Empfängers, der Empfängerin und vom Spenderorgan.
00:16:55: Also das ist gar nicht so einfach und deswegen muss das alles ganz detailliert und ganz kritisch vorbereitet werden.
00:17:02: Da braucht man viel Zeit, da schauen auch viele Leute und viele Fachbereiche drauf.
00:17:06: Bei uns ist das dann auch alles erfolgt und wir haben dann grünes Licht bekommen.
00:17:11: Und auch, dass die Werte, die ich quasi bieten kann, bei meiner Tochter gut aufgenommen werden würden.
00:17:21: Und das ist ja dann auch alles erst mal nur die trockene Theorie in dem Moment.
00:17:25: Und die braucht auch berechtigterweise viel Vorbereitung.
00:17:29: Denn einen gesunden Menschen, in dem Fall mich, einfach aufzuschneiden und ein gesundes Organ zu entnehmen, ist ja auch nicht ohne.
00:17:38: Und darüber wird dann auch so ein Spender, eine Spenderin im Laufe eines solchen Verfahrens intensiv aufgeklärt.
00:17:47: Da finden dann nicht nur die physischen Untersuchungen statt, sondern auch psychologische Untersuchungen.
00:17:53: Da wird ganz intensiv gesprochen und auch ein Gutachten im Psychologisch das erstellt.
00:18:01: um auch darzulegen, hey, wie steht denn die Person überhaupt da, wie wird die Person unterstützt, weiß die Person, was das denn bedeutet, ein Organ abzugeben und ist auch bekannt, dass es nicht Voraussetzung ist und auf jeden Fall passieren wird, dass das alles glatt läuft.
00:18:22: Das bedeutet, dass man sich natürlich auch damit auseinandersetzen muss, dass es so ein Organ nicht angenommen wird.
00:18:33: Und dass es sein kann, dass es ganz platt gesagt umsonst gewesen ist.
00:18:38: Natürlich muss man sich damit auseinandersetzen.
00:18:40: Trotzdem sollte man an der Stelle natürlich auch weiterhin positiv, aber realistisch positiv denken.
00:18:50: Und um all diese Einschätzungen gesund einzuordnen, sind natürlich auch all diese Gespräche drum herum wichtig und notwendig und verpflichtend.
00:19:00: Das ist kein Unverbindliches Angebot.
00:19:03: Und auch so ein Besuch bei der Ethik-Kommission, den ich auch schon hatte in Form von einer Videokonferenz, ist verpflichtend.
00:19:12: Denn so eine Ethik-Kommission setzt sich mit der Frage auseinander, ob denn alle Parameter passen.
00:19:21: Passt das medizinisch?
00:19:22: Kann ich mit einer Niere noch wirklich ein gutes Leben führen, ohne in absehbarer Zeit selbst zum Dialyse-Patienten zu werden?
00:19:31: Ist mir bekannt, dass ich gewisse Nebenbekleiderscheinungen erleiden könnte, die man jetzt nicht ausschließen kann.
00:19:42: Ist mir bekannt und mache ich das aus freien Stücken.
00:19:47: Das ist nicht selbstverständlich.
00:19:50: Und dass all das abgeklärt werden muss, das kann ich natürlich nachvollziehen.
00:19:54: An der einen oder anderen Stelle, ganz ehrlich, war ich schon super genervt und hab gedacht, boah.
00:20:00: Das kostet jetzt alles wirklich super viel Zeit.
00:20:02: Und ich mach doch selbstverständlich diese Nierenspende.
00:20:06: Ich würde meiner Tochter auch die Niere spenden, selbst wenn ich wüsste, dass sie nur eine Portion Pommes genießen könnte.
00:20:15: Natürlich ist es auch so, dass man an der Stelle natürlich vernünftig sein muss.
00:20:22: Aber als Mama hat man natürlich sein Herz, das halt als Mama schlägt.
00:20:28: Und so geht mir das natürlich auch.
00:20:31: Und ja, wenn ich könnte, würde ich all das, was meine Tochter jeden Tag erleben muss, all die Zeit, die sie an der Dialyse verbringen muss, all die Einschränkungen, die sie hat, all die Untersuchungen, die sie jede Woche über sich ergehen lassen muss, all die Dinge, die sie jeden Tag zusätzlich zu ihren Schwestern machen muss und weniger darf als wir, würde ich ihr einfach gerne abnehmen.
00:20:59: einfach damit sie ganz normal in die Kita gehen kann, Freunde treffen kann, sich schmutzig machen kann, ihre Schuhe am Laufrad aufschrubbeln kann.
00:21:10: Das würde ich ihr so sehr wünschen.
00:21:13: Ich bin mir aber sicher, dass das auch bald wieder Teil ihrer Normalität sein wird und deswegen glaube ich, dass das auch alles gut funktionieren wird.
00:21:28: Ja, um nochmal zurück zu unserer Geschichte zu kommen, wir hatten dann also, nachdem alle Untersuchungen abgeschlossen waren, im Juli ein OP-Termin.
00:21:40: Und dazwischen sollte noch so ein MRT erhoben werden.
00:21:44: Ich habe dann auch tatsächlich gedacht, ja, das MRT, das wurde vorher so gar nicht erwähnt.
00:21:49: Und jetzt ist es auf einmal Thema.
00:21:51: Okay, ich hatte das dann auch so verstanden, dass das eher ... Ja, so was ist, was jetzt noch so letztlich vorbereitend für diese OP selbst sein soll, womit ich nicht gerechnet habe, war allerdings, dass das Ausschlag eben gewesen ist.
00:22:09: Denn ganz kurz vor diesem OP-Termin wurde dann eben noch dieses MRT gemacht und das war auch nicht ganz so einfach, denn das MRT erfolgt bei Kindern unter Narkose.
00:22:24: Und meine Tochter hatte da auch länger dran zu knabbern, denn ohne eigene Ausscheidung ist es eben nicht so einfach, dann diese Narkose wegzustecken, sodass sie noch einige Tage anders als sonst dialysiert werden musste, um ihre Werte dann stabil zu halten.
00:22:46: Ja, und nachdem dann das MRT ausgewertet wurde.
00:22:52: haben wir zwei Wochen vor diesem OP-Termin telefonisch die Absage erhalten.
00:22:57: Und ihr müsst euch vorstellen, so eine Lebendnienspende, das ist ja keine Warze, die rausgeschnitten wird.
00:23:03: Das ist ja kein eingewachsener Fußnagel, der dann da entfernt wird.
00:23:10: Das ist schon ein ernsthafter Eingriff für beide Beteiligten.
00:23:15: Ich muss auch sagen, als ich diesen Anruf bekommen hatte, dass ... Wir doch nicht operiert werden und das ein halbes Jahr später versuchen sollten.
00:23:26: Der hat mich so erschüttert.
00:23:28: Ich war mitten auf der Straße beim Autofahren, hatte die Freisprechanlage an und konnte überhaupt nicht glauben, was die Stimme am anderen Ende des Telefons, was die Frau mir da gesagt hat.
00:23:41: Ich hab gedacht, die macht ein Scherz.
00:23:44: Die Frau hat mir am Telefon gesagt, Frau Keller, es tut mir leid, wir müssen die OP absagen.
00:23:50: Und im ersten Moment dachte ich, okay, absagen eine Woche später oder zwei Wochen später, kriegen wir hin.
00:24:00: Und sie sagte dann, nein, es tut mir leid.
00:24:03: Wir können es eventuell in einem halben Jahr noch mal versuchen.
00:24:07: Und das hat mich so schockiert, dass ich erst mal nicht weiterfahren konnte.
00:24:14: Ich konnte nicht weiterfahren.
00:24:15: Ich war wie gelähmt in diesem Moment.
00:24:19: Und ... Als ich mich dann einige Minuten später wieder gefangen hatte, bin ich erst mal nach Hause gefahren.
00:24:30: Das war ein Freitag.
00:24:32: Und ich war wirklich erleichtert, dass ich meine Kinder nicht bei mir hatte, denn ich habe das ganze Wochenende damit verbracht zu heulen.
00:24:43: Ich habe einfach nur geheult und gedacht, das kann nicht sein.
00:24:48: Wir haben so intensiv darauf hingearbeitet.
00:24:53: dass endlich diese OP stattfinden konnte.
00:24:57: Wir haben alle informiert.
00:25:00: Die nächste ältere Schwester meiner kleinen Patientin war untergebracht bei ihrer besten Freundin, die hätte zwei Wochen dort verbringen sollen.
00:25:08: Denn nach der OP hätte ich Zeit gebraucht, mich zu erholen, mindestens diese zwei Wochen.
00:25:17: Entsprechend meine kleine Patientin, die meine Niere hätte empfangen sollen, wäre dann mit ihrem Papa.
00:25:23: auf der Station gewesen.
00:25:25: Das heißt, kein Elternteil vor Ort, was natürlich bedeutet, dass die beiden Schwestern, die noch bei uns gewohnt haben, irgendwie untergebracht werden sollten.
00:25:37: Die Laura, die wäre bei ihrer Bonusmama und ihrem Papa gewesen.
00:25:42: Meine Tochter Mariella ist zu dem Zeitpunkt dann mittlerweile ausgezogen gewesen, die hat sich aber auch Sorgen gemacht und hat sich auch eingebracht.
00:25:51: all unsere Freunde, die uns anderweitig noch hätten unterstützen wollen, die für mich in der ersten Zeit gekocht und eingekauft hätten.
00:26:00: All das war im ersten Moment gedacht richtig für die Katze.
00:26:06: Und das hat mich so runtergerissen und fertig gemacht, nachdem ich diesen Lichtblick gesehen hatte.
00:26:13: Endlich bekommt meine Tochter eine neue Niere und kann relativ bald ein normaleres Leben führen.
00:26:21: Nachdem wir das dann ein paar Tage später so richtig haben sacken lassen können, haben wir uns ein bisschen näher mit dem Grund auseinandergesetzt.
00:26:32: Warum wurde denn diese OP jetzt eigentlich abgesagt?
00:26:36: Und die Begründung dafür war, man nennt es ein Seismismatch.
00:26:41: und die ein oder der andere hat sich bestimmt schon gefragt von euch.
00:26:47: Wie kann es denn sein, dass meine Niere also die Niere einer erwachsenen Person in den Körper eines vierjährigen Kindes passt.
00:26:57: Da gibt es natürlich Größenordnungen und Vorgaben und auch Rahmenbedingungen, die passen müssen.
00:27:05: Und da haben wir ganz knapp nicht reingepasst.
00:27:10: Da ging es in der Berechnung um wenige Millimeter.
00:27:15: Und das hat halt leider nicht hingehauen.
00:27:18: Wir hatten aber große Hoffnung, dass dann ein halbes Jahr später diese wenigen Millimeter ausgeglichen werden sein sollten.
00:27:28: Also haben wir ein paar Monate später nochmal einen Anlauf genommen mit dem Wissen sehr vorsichtig, dass das MRT sehr ausschlaggebend ist.
00:27:41: Sind wir wesentlich vorsichtiger in diese Vorbereitung gegangen und auch da haben wir ums kurz zu fassen leider wieder die Absage bekommen.
00:27:50: Mittlerweile sind wir so weit fortgeschritten in den Untersuchungen, dass wir aber sagen können, dass das Size-Mismatch so weit ausgeglichen ist, dass wir operieren können.
00:28:04: Und jetzt müssen nur noch einige Untersuchungen noch mal aktualisiert werden.
00:28:09: Dann werde ich noch mal zur Ethik-Kommission gehen.
00:28:14: Und dann findet hoffentlich endlich diese OP statt.
00:28:18: Ihr Lieben, das war jetzt wieder ziemlich schwere Kost.
00:28:22: Und an der Stelle muss ich auch leider aufhören, denn mein kleines Nesttäkchen ist mittlerweile aus seinem ausgiebigen Mittagsschlaf wach geworden und braucht mich.
00:28:32: Deswegen gehen wir beide jetzt erstmal ein leckeres Honigbrot essen.
00:28:36: Freuen uns aber, ich freue mich aber vor allem, wenn ihr nächste Woche wieder mit dabei seid, da kann ich euch auch hoffentlich ein Update geben zu unserer Lebendnienspende.
00:28:46: Auf jeden Fall erzähle ich euch da, warum ich persönlich denke, dass Lebendnienspenden mindestens genauso wichtig sind, zumindest hierzulande, wie die postmortalen Spenden.
00:28:58: Also bleibt voll gerne dran, ich freue mich auf euch und sagt Tschüss bis zum nächsten Mal.
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